Mit PEG in der Öffentlichkeit

Rucksack zur mobilen Sondenernährung (lila Hintergrund und Logo „Leben mit PEG“)

Grundsätzlich scheint es zwei Arten von Menschen zu geben. Diejenigen, die ohne Scheu in der Öffentlichkeit sondieren und diejenigen, denen das unangenehm ist. Ich persönlich glaube, es ist wichtig, nicht unbedingt einen Mittelweg zu finden. Wohl aber, sich einmal mit diesem Thema zu befassen. Und genau das mache ich heute in diesem Beitrag.

Eine Art des Essens

Zunächst einmal möchte ich aber vorwegschicken, dass die Nutzung einer Magensonde grundsätzlich nichts ist, wofür sich irgendwer schämen muss. Nicht vor sich selbst, nicht vor Freunden oder Familie und schon gar nicht vor fremden Menschen. Schließlich schämt sich auch niemand dafür, wenn er oder sie Fast Food in der Öffentlichkeit isst (was – nebenbei bemerkt – wesentlich ungesünder ist und der Gesellschaft mehr Schaden zufügt als unsere Sondenernährung) oder das mitgebrachte Essen von zu Hause während der Zugfahrt auspackt, statt ins Bordbistro zu gehen. Auch die Ernährung über eine Magensonde ist einfach nur eine Art zu essen.

Verstohlenen Blicke

Allerdings ist es leider eine Art, die in unserer Gesellschaft noch nicht normalisiert ist. Einfach weil es zu wenige machen. Von daher kann es schon sein, dass Sondieren in der Öffentlichkeit (mal mehr mal weniger) verstohlene Blicke auf sich zieht. Die Menschen wissen schließlich in aller Regel, was ein Hamburger oder eine Tupperdose ist. Nur die wenigsten wissen jedoch, was es mit einer Magensonde genau auf sich hat. Dessen müssen wir uns einfach bewusst sein.

Häufig verunsichernd

In meiner Jugend hatte ich tatsächlich eine Phase, in der mir das absolut egal war. Da fuhr ich mit Pumpe und Beutel voll mit Sondennahrung ganz offensichtlich am Rollstuhl durch die Gegend. „Die Leute gucken ja ohnehin, also sollen sie doch auch was zu gucken haben“, war meine Einstellung. Wie gesagt, rebellische Jugendphase, in der einem alle anderen Menschen egal sind und wir sie vielleicht sogar ein wenig provozieren möchten. Was ich dabei allerdings nicht bedacht hatte: Unser Erscheinungsbild (und das beinhaltet auch Rollstühle, Hilfsmittel und sonstiges Zubehör, welches wir an/bei uns haben) wirkt immer auch auf unsere Mitmenschen. Ein technisches Gerät, das viele nicht kennen und ein Beutel voller Flüssigkeit, die für Laien alles Mögliche sein könnte, wirken dann häufig eben verunsichernd.

Bewusst dezent

Seitdem ich mir dessen bewusst bin, gestalte ich meine Sondenernährung in der Öffentlichkeit etwas dezenter. In der Tat aber weniger zum Schutz der Empfindsamkeiten meiner Mitmenschen, sondern einfach, weil ich keine Lust habe, noch kranker zu wirken, als ich es in meiner körperlichen Verfassung, mit Rollstuhl und Assistenz ohnehin schon tue. Und weil ich keine Lust darauf habe, in die Situation zu geraten, mich erklären zu wollen (Achtung! Genau auf die Wortwahl achten! Darauf gehe ich gleich noch ein.)

Rucksäcke

Ich hatte ja schon, als es um die unterschiedlichen Arten der Applikation (mit Pumpe, per Schwerkraft und per Spritze) ging, darauf hingewiesen, dass manche Applikationsarten dezenter sein können als andere. Die dezenteste Möglichkeit der Ernährung über die PEG bietet tatsächlich die Pumpe. Für so ziemlich alle Pumpen, die auch für den Home Care Einsatz gedacht sind, bieten die Hersteller nämlich passende Rucksäcke an. Darin können Pumpe und eine Einheit Nahrung derart verstaut werden, dass das Essen währenddessen auch appliziert werden kann. Alles, was es zum unauffälligen essen in der Öffentlichkeit benötigt, ist also ein kleiner Rucksack, von dem ein Schlauch unter die Kleidung führt. Natürlich kann auf diesem Wege statt Nahrung auch Flüssigkeit gegeben werden. In meinem Sommerurlaub, bei dem wir weit über 30° C hatten, ließ ich mich quasi permanent mit Wasser aus dem Rucksack vollpumpen. Ohne, dass es irgendjemandem aufgefallen wäre. Wer mag, kann statt der von den Herstellern angebotenen Rucksäcke selbstverständlich auch einen anderen Rucksack entsprechend umfunktionieren.

Unsere Entscheidung

Abschließend möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen, dass es ganz allein unsere Entscheidung ist, wie wir Sondennahrung oder Flüssigkeit in der Öffentlichkeit zu uns nehmen. Wir müssen uns auch vor niemandem dafür rechtfertigen. Auch wenn jemand mal den Drang verspüren, das machen zu wollen. Es ist unser Leben mit PEG und wir schaden niemandem damit. Also ist es auch ganz allein unsere Entscheidung.

Da ich allerdings auch arbeitstechnisch sehr oft in der Öffentlichkeit unterwegs bin, habe ich für mich entschieden, dass ich es lieber dezenter haben will. Einfach, um meine mit Menschen weniger abzulenken. Damit ich besser steuern kann, worauf sie sich fokussieren. Nämlich idealerweise nicht darauf, wie ich esse, sondern darauf, was ich ihnen erzähle und was ich von ihnen will. Aber wenn es sein muss, bin ich da schmerzfrei. Als beispielsweise in besagtem Sommerurlaub die Flüssigkeitszufuhr mit der Pumpe nicht ausreichte, haben wir mitten auf der Strandpromenade einen ordentlichen Schuss Wasser per Schwerkraft appliziert. Ob irgendwer geschaut hat? Keine Ahnung. War mir auch egal, denn ich hatte Durst ?

2 thoughts on “Mit PEG in der Öffentlichkeit

    1. Hallo Monika,
      schön, dass du meinen Blog gefunden hast.

      Nein, brauchst du nicht. Denn eigentlich bieten alle Hersteller von Pumpen für den HomeCare-Bereich auch einen passenden Rucksack an. Erkundige dich einfach mal bei deinem Versorger.

      Bei weiteren Fragen melde dich gerne noch mal.

      Liebe Grüße,
      der Bastian

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