Buchtipp: Make food soft

Cover MAKE FOOD SOFT

Dass Essen mehr ist, als bloße Nahrungsaufnahme, realisieren wir leider meist erst, wenn wir es nicht mehr können. Und damit meine ich nicht nur Menschen, die sich über eine Magensonde ernähren, sondern auch diejenigen, deren Mahlzeiten aufgrund einer Schluckstörung angepasst werden müssen. Also beispielsweise ältere Leute. Die sozialen Aspekte des Miteinander-Essens einmal bewusst außen vor gelassen, bedeutet Essen eben auch Freude am Aussehen, Genuss von Gerüchen und das Erleben verschiedener Geschmäcker und Konsistenzen. All das geht in der Regel verloren, wenn Essen an eine Schluckstörung angepasst werden muss.

Zurück auf die Genussspur

Doch das muss nicht sein, dachte sich Bernd Ackermann mit seinem Team. Als verantwortlicher Koch der Schweizerischen Epilepsie-Gesellschaft merkte er ziemlich schnell, wie belastend es für die Menschen war, wenn die Anpassung des Essens schlicht daraus bestand, Mahlzeiten zu pürieren. Nicht nur mental, sondern auch körperlich. Denn natürlich macht es wenig Spaß, von einem Teller mit drei unterschiedlichen Haufen Püree zu essen. Und wenn es keinen Spaß macht, wird eben auch weniger gegessen. In der Konsequenz nehmen die Menschen ab. In jüngeren Jahren noch angestrebt, kann dies im Alter schnell gefährlich werden. Also begann Bernd Ackermann, sich dieser Thematik anzunehmen. Sein Ehrgeiz als Koch, Menschen nicht nur satt zu machen sondern auch Genuss zu bieten, war geweckt.

Ausgezeichnetes Buch

Jahre später und nach – dessen bin ich mir absolut sicher – hunderten glücklichen bewirteten Menschen, die angepasstes Essen benötigen, teilt Bernd Ackermann seine Erfahrungen und ausgewählte Rezepte in seinem Buch MAKE FOOD SOFT. Erschienen im Matthaes-Verlag ist dieses Werk inzwischen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden. Zu Recht, wie ich finde.

Ein anderes Level

Wer meinen Blog regelmäßig liest, weiß, dass auch ich mir zu besonderen Anlässen mein Essen anpassen lasse. Dabei habe ich schon einige Male erlebt, dass Köchinnen und Köche wirklich zu Höchstform aufgelaufen sind und mir weit mehr serviert haben, als bloß das entsprechende Gericht einmal püriert. Aber die Kreationen von Bernd Ackermann sind noch mal ein ganz anderes Level. Vor allem in Sachen Präsentation. Denn was er seinen Gästen vorsetzt sieht auf den ersten Blick nicht aus wie pürierte Kost. Und auch nicht auf den zweiten Blick. Da stehen komplette Hamburger, Pommes, Pizza, Melone mit Speck, Fischfilets und noch vieles mehr aus der Speisekarte. Alles derart angerichtet, dass erst beim Hereinschneiden deutlich wird, dass dies angepasstes Essen ist. Denn es muss gar nicht hineingeschnitten werden. Alles, was Bernd Ackermann serviert, kann gelöffelt werden. Es handelt sich durchweg um pürierte Speisen, die entsprechend in Form gebracht worden.

Schritt für Schritt

In MAKE FOOD SOFT verrät Bernd Ackermann Schritt für Schritt, wie das geht. Und das in einem Umfang, der keine Wünsche offen lässt. Angefangen bei den Rezepten. Diese reichen vom Frühstück mit Bircher Müsli und Croissant, über Klassiker wie Hamburger oder Currywurst mit Pommes und diverse Hauptgerichte, die allesamt in einem guten Restaurant auf der Karte stehen könnten, bis hin zu Desserts und Rezepten für Kinder. Für diejenigen, die beispielsweise keine Tomaten-Mozzarella-Platte „nachbauen“ wollen, gibt es alternative Vorschläge zum Anrichten. Da Menschen mit Schluckstörungen oftmals auch Schwierigkeiten mit dem Trinken haben, gibt es weiterhin verschiedene Rezepte für angepasste Getränke, wie den morgendlichen Kaffee unter Cola mit Zitrone und Eis.

Darüber hinaus gibt Ackermann eine genaue Übersicht an Gerätschaften, Hilfsmitteln und speziellen Zutaten für die Küche, um angepasstes Essen auf diesem Niveau zuzubereiten. Ergänzt werden die Rezepte in MAKE FOOD SOFT darüber hinaus von QR-Codes, mit denen vertiefende Informationen zu den einzelnen Mahlzeiten (zum Beispiel genaue Mengen- und Nährwertangaben) aufgerufen werden können. Abgerundet wird MAKE FOOD SOFT mit einer Einführung, die sonst wohl nur in den wenigsten Kochbüchern zu finden ist. Ackermann erläutert nämlich die Hintergründe von angepasstem Essen. Also Ursachen und Auswirkungen von Funktionsstörungen des Schluckapparates und fundiertes, theoretisches Fachwissen, beispielsweise über die unterschiedlichen Konsistenzstufen und wann diese genutzt werden müssen.

Fazit

MAKE FOOD SOFT ist ein Kochbuch, das in keiner Küche fehlen darf, in der Essen für Menschen mit Schluckstörung angepasst werden soll. Zumindest in keiner professionellen Küche. Denn die Zubereitungsarten der einzelnen Speisen sind teilweise doch recht aufwendig und lohnen sich daher erst richtig, wenn für eine größere Anzahl an Gästen gekocht wird. Oder für diejenigen, die gerne Mahlzeiten vorbereiten und einfrieren. Diese professionelle Zielgruppe wird auch teilweise in den Formulierungen der Rezepte und den Mengenangaben deutlich.

Nichtsdestotrotz möchte ich MAKE FOOD SOFT auch ganz besonders denjenigen ans Herz legen, die vielleicht nur für sich selbst oder eine/n Angehörige/n mit Schluckstörung kochen. Denn das eine oder andere Rezept lässt sich auch einfach auf wenige Personen herunterbrechen und es gibt eine Vielzahl an Tipps und Tricks, die für die eigene angepasstem Küche abgeschaut werden können.

Und dann gibt es noch einen anderen, wie ich finde, enorm wichtigen Aspekt: MAKE FOOD SOFT zeigt ganz hervorragend, was essenstechnisch mit ein wenig Engagement und Hingabe noch alles möglich ist. Auch wenn die Speisen angepasst werden müssen.

MAKE FOOD SOFT
ISBN 978-3-98541-048-4
Juni 2021
Matthaes-Verlag
240 Seiten

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